Skandal? Hexenjagd?
"War nicht so gemeint"
Zur Predigt
des Bamberger Erzbischof Herwig Gössl:
Er warnt im Zusammenhang mit der Nominierung von Frauke Brosius-Gersdorf für das Bundesverfassungsgericht vor einem "Abgrund von Intoleranz und Menschenverachtung" und davor, dass Schwache, Ungeborene, der Pflege Bedürftige, Alte Menschen, psychisch Erkrankte, sozial Außenseiter sowie Verfolgte keine Stimme mehr haben würden.
Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl erklärte in einer Mitteilung, dass er die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf natürlich nicht persönlich angreifen wollte. Gemeint habe er die Vorgänge im Bundestag rund um die verschobene Wahl, nicht die Person Brosius-Gersdorf. In seiner Predigt hatte er den Schutz des ungeborenen Lebens thematisiert und dabei allgemein die Verantwortung vor Gott betont. Der Bischof bedauert, dass seine Worte instrumentalisiert wurden, um Brosius-Gersdorf oder das Bundesverfassungsgericht zu diskreditieren.
Die Predigt ist online abrufbar.
Gössl hat Brosius-Gersdorf ein persönliches Gespräch angeboten, um Missverständnisse zu klären.
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„Ach, wie rührend dieses „Missverständnis“! Erst donnert der Bischof im Brustton der moralischen Empörung vom „innenpolitischen Skandal“, weil da angeblich eine Richterin das Lebensrecht Ungeborener bestreitet – und wenn’s Ärger gibt, war plötzlich nur der Bundestag gemeint?
Welch akrobatisches Zurückrudern! Da wird aus donnernder Kanzel-Rhetorik schnell ein feines Säuseln voller Bedauern. Natürlich wollte er niemanden diffamieren – er hat ja bloß in einer Predigt die ganze Gesellschaft vor einem „Abgrund der Menschenverachtung“ gewarnt. Wie großzügig, dass er nun ein Gespräch anbietet, nachdem der öffentliche Sturm tobt. Wer so laut den Zeigefinger hebt, sollte wenigstens dazu stehen. Stattdessen wird jetzt brav relativiert und erklärt, dass alles nur ein Beispielthema war. Wenn das kein Paradebeispiel für die hohe Kunst des kirchlichen Rückzugsgefechts ist! Ein Amen auf diese wundersame Verwandlung von Empörung in Betroffenheit.“
Urteil
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) urteilte am 10. Juli 2025, dass ein großes Kruzifix im Haupteingang eines staatlichen Gymnasiums gegen die Religionsfreiheit verstößt
• Der BayVGH argumentierte, dass die ständige Konfrontation mit dem Symbol die negative Glaubensfreiheit verletze.
• Die Richter stellten fest: Im Gymnasium gibt es keine gesetzliche Grundlage, ein Kruzifix aufzuhängen.
• Dieser Fall bezieht sich nur auf das eine Gymnasium, eine allgemeine Anordnung für alle Schulen wurde nicht getroffen.
• Der Beschluss knüpft an das Bundesverfassungsgerichtsurteil von 1995 an, das Kreuze in Schulen ohne Bekenntnischarakter untersagt.
• Der bayerische Kreuz-Erlass von 2018, der Kreuze in öffentlichen Gebäuden verlangt, gilt laut Gericht nicht für Gymnasien.
• Der Streit um christliche Symbole an staatlichen Schulen dauert bereits seit Jahrzehnten – nun erhält er durch dieses Urteil neue Dynamik.