Feiertage: Für alle

Gegen Sonderung im Feiertagsrecht

Leserbrief der Co-Vorsitzenden des bfg München, Assunta Tammelleo

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Olaf Zander,

eine im demokratischen Rechtsstaat erscheinende Tageszeitung wie der Münchner Merkur bietet den Lesern/Leserinnen die Möglichkeit, sich zu den gelesenen Informationen mit der eigenen Meinung öffentlich zu äußern. Das ist eine gute Sache… Und doch: zum einen zeigt die Seite „Leserforum“ dabei oft genug sehr anschaulich, wie wenig Informationen bzw. Kenntnisse über einen Sachverhalt bei manchen Lesern/innen vorhanden sein müssen, dass sie sich berufen fühlen, sich öffentlich zu äußern. Zum anderen zeigt es – ebenfalls oft genug – welch durchaus wenig entwickeltes Demokratieverständnis Grundlage der zu Papier gebrachten Gedanken ist.

Unter dem Titel „Egoismus entgegentreten“ schreibt Olaf Zander aus Egenhofen, dass es aus seiner Sicht dringend angeraten ist, „Feiertage wie Fronleichnam oder Christi Himmelfahrt nur den Arbeitnehmern zu gewähren, die auch noch in der Kirche sind.“ Dazu drei Anmerkungen:

I.) Im Freistaat gibt es 13 gesetzliche Feiertage (in Augsburg derer 14), darunter auch die erwähnten Fronleichnam und Christi Himmelfahrt. Der Staat/der Gesetzgeber verpflichtet an diesen von ihm deklarierten Feiertagen die Arbeitgeber/innen, ihren Arbeitnehmer/innen frei zu geben, ihre Produktions- und sonstigen Stätten ruhen zu lassen. Diese freien Tage werden natürlich nicht von den beiden Großkirchen finanziell getragen - und auch nicht vom Freistaat. Was bedeutet das?

II.) Die Kosten dafür, dass wir in der Bundesrepublik/im Freistaat uns die katholische und die evangelische Kirche leisten, trägt die Gemeinschaft aller Steuerzahler/innen. Egal, welchen Bekenntnisses bzw. wie in meinem Fall ohne Bekenntnis. Herr Zander darf sicher sein, dass hierzulande lebende/arbeitende Juden, Atheisten, Sunniten, Schiiten, Aleviten, Hindus, Buddhisten usw. nicht freiwillig das Gehalt des Erzbischofs Marx, die theologischen Fakultäten an der LMU, den staatlich verordneten katholischen und evangelischen Religionsunterricht und just aktuell mehr als zwei Drittel der Sanierung des Doms von Eichstätt tragen…. Welche Forderung kann  hieraus abgeleitet werden?

III.) Gemäß Artikel 4 GG gilt Religionsfreiheit für alle Bürger/innen. Nicht so bei Herrn Zander: wer hierzulande nicht evangelisch oder katholisch organisiert ist soll seiner Ansicht nach im demokratischen Rechtsstaat nicht in den Genuss staatlich angeordneter Feiertage kommen. Konsequent weiter gedacht bedeutet das, dass wer nicht nachweislich katholisch/evangelisch ist (also Juden, Atheisten, Sunniten….s.o.) darf dann in Bälde Zug um Zug auch seiner/ihrer Bürgerrechte komplett beraubt werden. Bedeutet, der demokratische Rechtsstaat muss zugunsten eines Kirchenstaates weichen. Oder wie?

Die Diskussion über den Wert unserer Verfassung – das deutsche Grundgesetz -, die Diskussion über Demokratie, Menschen- und Bürgerrechte und die Diskussion insbesondere über Glaubens- und Religionsfreiheit im demokratischen Rechtsstaat muss „zwingend“ geführt werden. Bevor – s. Leserbrief von Herrn Zander - im sog. Abendland die Lichter endgültig ausgehen…

Freundliche Grüße

Assunta Tammelleo

-Vorsitzende-
www.bfg-muenchen.de

 

Gekürzter Abdruck unter der Überschrift „Auch Muslime und Atheisten zahlen für die Kirche" im Münchner Merkur - Stadt vom 22.10.2024, Seite 13.

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