Tag der Menschenrechte, Menschenwürde-Artikel und aufgeklärte Menschenbilder im Unterricht statt vermeintlichem Kreuzigungstag, Kreuz und einem Fach um eine fiktive gekreuzigte Person: Der Bund für Geistesfreiheit (bfg) Bayern arbeitet unter seinem neuen Vorsitzenden Frank Riegler für einen kultur- und bildungspolitischen Aufbruch im Freistaat. Einzelheiten enthält die neueste Ausgabe 3/24 von „Unsere freigeistige Welt", dem vom bfg Kulmbach/Bayreuth vierteljährlich herausgegebenen Magazin.
Desweiteren macht sich die Zeitschrift gewissermaßen das ganze Bild von Zeitläuften, eines ohne einseitige Verdunkelung oder auch Weichzeichnung. Es geht um Wohlergehen und Verbrechen, Gefährdungen und Aufarbeitung. Mit Steven Pinker und Karlheinz Deschner sind große Namen des säkularen Humanismus vertreten. Wo der Kirchenhistoriker unter anderem für aufsehenerregende monumentale Rückblicke in Erinnerung bleiben wird, hat der Humanwissenschaftler mit „Aufklärung jetzt!" eine vielbeachtete Lobrede vorgelegt, damit Errungenschaften weitergeführt werden.
Individuelle Sinnstiftung reicht für Pinker dabei in das Umfeld und das Gemeinwesen hinein. Es sind dieselben materiellen und immateriellen Güter, die einem Erfüllung geben, welche sich auch beim anderen geachtet und gefördert gehören: Leben, Gesundheit, Wissen, Freiheit, Wohlstand, Sicherheit, Schönheit und Frieden. Der Weg führt für ihn über einen Satz Präferenzregeln, die jeweils ein derartiges Gut über das gegenteilige Übel stellen. Dieser vernunftmäßige und wissenschaftliche Zugang beinhaltet eine Absage an rituelle Gefühlsausbrüche, Schwätzerei und Personenkult.
Die Skepsis Deschners ergänzt den Optimismus Pinkers, insoweit vor allem der Katholizismus Menschenrechte bis in die Gegenwart missachtet. Der Artikel anlässlich des 100. Jahrestags heuer von Deschners Geburt ordnet eine begrenzte Emanzipation von Laien, Hinterfragung und Kritik durch sie als sein Verdienst mit ein. Zur Sprache kommt dabei die nicht demokratische Organisationsform der römisch-katholischen Religionsgemeinschaft.
Wo sich Pinker argumentativ gegen Ethnozentrismus wendet, dagegen nur mehr den Angehörigen einer Volksgruppe und nicht den Menschen zu sehen sowie diesen sogar noch abzuwerten, unterstützt der bfg Schweinfurt konkretes Wirken für Völkerverständigung auch materiell durch die Verleihung des diesjährigen Humanismuspreises. Die Auszeichnung für die Schweinfurter Partnerschaftsvereine zu Frankreich, Finnland und Schottland ist mit je 250 Euro dotiert.
Humanistische Antworten erhalten auch entsetzliche und abscheuliche Sachverhalte. Von einer Extremform gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in der deutschen Geschichte will der bfg Kulmbach/Bayreuth, dass so wenig als möglich stehen bleibt. Er arbeitet für Vorträge und andere Veranstaltungen deshalb seit Jahren mit Peni Rose, der Initiatorin des Lern- und Gedenkorts für Sinti und Roma auf dem Stadtfriedhof Bayreuth, zusammen und hat beigetragen, ihre Initiative umzusetzen die Ausstellung „#StolenMemory" nach Bayreuth zu holen.
In dieser werden persönliche Gegenstände gezeigt, welche Täter des Nationalsozialismus Menschen bei ihrer Einlieferung in Konzentrationslager abgenommen haben, insbesondere Eheringe, Brieftaschen mit Fotos, Füllfederhalter und Uhren. Die Arolsen Archives als Gestalter von „#StolenMemory" streben eine Rückgabe an die Erben an und mahnen im Angesicht von Diskriminierung und Radikalisierung heute.
In einem anderen Zusammenhang und auf einer niedrigeren Ebene geht es um den Ausgleich erlittenen Unrechts, namentlich sexuellen Missbrauchs seitens Kirchenvertretern. Weil dieser noch immer kaum justiziell aufgearbeitet wird, gerade im Hinblick auf eine angemessene Entschädigung, hat der Künstler Uwe Molkenthin für den bfg Regensburg eine Postkarte entworfen. Ihre heftige, kontrastreiche Darstellungsform lässt das Ausmaß der Schädigung bei dem oder der Einzelnen über das gesamte Leben hinweg erahnen.
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