Freier Geist Regensburg 2025:
-Ehrung für Martina Kindsmüller-
Engagement für Selbstbestimmung
und Aufklärung ausgezeichnet
Der Bund für Geistesfreiheit Regensburg (bfg) hat am Donnerstagabend, 23. Oktober 2025, im Kolpinghaus den Preis „Freier Geist Regensburg 2025“ an Martina Kindsmüller verliehen. Die Auszeichnung, die bereits zum 20. Male vergeben wurde, würdigt ihr jahrzehntelanges Engagement für gesellschaftliche Aufklärung und insbesondere ihren maßgeblichen Beitrag zur Einrichtung von pro familia Regensburg.
Die Feier, zu der zahlreiche Weggefährten, Mitglieder und Interessierte erschienen, begann mit der Begrüßung durch Erwin Schmid, den Vorsitzenden des bfg-Regensburg. In seiner Ansprache betonte Schmid die Bedeutung freigeistiger Werte für eine offene und aufgeklärte Gesellschaft: „Meine Damen und Herren, ich begrüße Martina Kindsmüller, die Preisträgerin 'Freier Geist Regensburg 2025‘ sehr herzlich, ebenso wie Dr. Carolin Wagner, Mitglied des Bundestages, SPD, welche in ihrer Laudatio ausführlich darlegen wird, welche hervorragende Leistungen Martina Kindsmüller für die positive Entwicklung einer wissenschaftlich, säkularen Gesellschaft in Regensburg erbracht hat. Der Bund für Geistesfreiheit steht für eine offene freie Gesellschaft, und als Anhänger der Aufklärung mögen die besseren Argumente gewinnen. In diesem Sinne bitte ich nun Dr. Carolin Wagner um Ihre Laudatio.“.
Die Laudatio hielt Dr. Carolin Wagner ,
Mitglied des Deutschen Bundestages (SPD) und Vorstandsfrau bei pro familia
Dr. Carolin Wagner zeichnete in ihrer eindrucksvollen Rede den langen Weg von pro familia Regensburg und die entscheidende Rolle von Martina Kindsmüller nach. Sie begann mit einem Blick in die 1980er und 1990er Jahre – eine Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs und des Kampfes um Frauenrechte in Deutschland. In dieser Phase habe sich pro familia als zentrale Stimme der Frauenbewegung etabliert, mit Sexualaufklärung, Beratung und politischem Einsatz für das Recht auf Selbstbestimmung. Vor dem Hintergrund des erbitterten Streits um den §218 und der konservativen Haltung der bayerischen Staatsregierung schilderte Wagner den mühsamen Weg von pro familia Regensburg zur staatlichen Anerkennung und Förderung als Schwangerenberatungsstelle. Bereits 1992 hatte eine kleine Gruppe engagierter Menschen – darunter Kindsmüller – den Antrag auf Anerkennung gestellt. Doch die Regierung der Oberpfalz verzögerte die Entscheidung jahrelang. Erst eine Untätigkeitsklage 1998 brachte Bewegung in die Sache. Trotz Anerkennung verweigerte die Regierung zunächst die finanzielle Förderung mit dem Hinweis, Caritas und Gesundheitsämter deckten den Bedarf. Wagner betonte, wie pro familia Regensburg in dieser Zeit mit rein ehrenamtlicher Arbeit durchhielt: sieben Jahre lang Beratung, Sexualaufklärung und Bildungsarbeit – ohne öffentliche Unterstützung. Erst nach einem langwierigen Rechtsstreit errang pro familia 2000 vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einen historischen Sieg: Der Freistaat wurde verpflichtet, die Beratungsstelle finanziell zu fördern. Das Urteil hatte Signalwirkung für ganz Bayern und sicherte die Pluralität in der Schwangerenberatung. Martina Kindsmüller, die seit 1991 bei pro familia aktiv ist, habe diesen Kampf entscheidend mitgetragen. Als Psychologin habe sie früh erkannt, dass Aufklärung und das Recht auf Selbstbestimmung untrennbar zusammengehören. Ihr Engagement wurzelte in der Überzeugung, dass Frauen selbst über ihren Körper entscheiden müssen. Wagner zitierte die Frauenrechtlerin Mary Daly: „Wenn eine Frau zur Realität durchdringt, lernt sie ihren Zorn kennen – und das heißt: Sie ist bereit zu kämpfen.“ Diesen Kampf habe Kindsmüller über Jahrzehnte mit Mut und Beharrlichkeit geführt – gemeinsam mit Mitstreitern wie Dr. Helmut Leiblein, Peter Sturm, Erika Simm und Gerhard Hain. Wagner würdigte Kindsmüllers Arbeit als Einsatz für freie Weltanschauung, gegen staatliche Bevormundung, gegen Sexualunterdrückung und für Aufklärung. Durch ihr Wirken sei Regensburg dauerhaft verändert worden: Heute sei pro familia eine feste und unverzichtbare Beratungsinstanz im ostbayerischen Raum. Die Laudatorin schloss mit einem Appell, den Kampf um Gleichstellung und Selbstbestimmung fortzusetzen – Fortschritt, so Wagner, sei kein Selbstläufer, sondern immer das Ergebnis von Mut, Solidarität und beharrlichem Einsatz.
„Für deinen Mut, für deinen starken Willen, für deine Zuversicht – für dein Engagement, das bis heute wirkt, sagen wir danke und ehren dich.
In ihrer Dankesrede zeigte sich Martina Kindsmüller tief bewegt über die Ehrung:
„Ich bedanke mich für die große Ehre, die mit der Auszeichnung als Freier Geist verbunden ist.
Diese Auszeichnung nehme ich stellvertretend für viele damals Aktive an, die entscheidenden Anteil am Gelingen unseres Vorhabens hatten.“ Sie erinnerte an Gerhard Hain und den verstorbenen Helmut Leiblein, die den Weg für pro familia Regensburg juristisch und organisatorisch ebneten. Kindsmüller betonte, dass der Kampf um das Recht auf Selbstbestimmung noch nicht abgeschlossen sei: „Dass es in Regensburg ausschließlich christliche Krankenhäuser mit gynäkologischen Abteilungen gibt – der Vollausbau des Uniklinikums ist nach wie vor nicht erreicht – gefährdet den Zugang von Frauen im ostbayerischen Raum zu Schwangerschaftsabbrüchen.“
Zum Abschluss fasste Erwin Schmid zusammen:
„Gratulation für diese sachkundige, logisch vorbildlich aufgebaute Laudation von Dr. Carolin Wagner und die engagierte Erwiderung der Preisträgerin Martina Kindsmüller, welche uns Auftrag ist!
Es gibt noch viel zu tun für den lebensnahen Humanismus!“
Der stimmungsvolle Abend klang bei einem gemeinsamen Essen mit Gesprächen über Säkularismus, Frauenrechte und gesellschaftliche Verantwortung aus
Bisherige Preisträger und Laudatoren:
2006 Alois Zellner MdEP Dr. Gerhard Schmid
2007 Arnold Zumkeller Dr. Wolfgang Proske
2008 Marlies Haschke MdB Horst Meierhofer
2009 Monika Hendlmeier MdL Margit Wild
2010 Luise Gutmann Ursula Vogt
2011 Frank Scholz Waltraud Bierwirth
2012 Gerlinde Munoz Herbert Baumgartner, Kurt Raster
2013 Benedikt Pirk Tina Lorenz
2014 Margit Rötzer Florian Heiß
2015 Walter Hoffmann Armin Schmid
2016 Gotthold Streitberger Ute Schmidt
2017 Ayham Tofiq Bakr Walter Hoffmann
2018 ueTheater Kurt Raster Walter Hoffmann
2019 bambule babys Anna Valeska Pohl mit Life-Performance
2020 Stefan Aigner Martin Oswald
2021 Martin Stein Stefan Aigner
2022 Matthias Kürzinger Kristin Palfray
2023 Reinhard Kellner Alex Müller
2024 Veronika Mißlbeck Dr. Nepomuk Kuschel
2025 Martina Kindsmüller MdB Dr. Carolin Wagner, SPD




